Der Unfall

Noch drei Tage bis zum Weideauftrieb und neue Pferde auf unserer Hauskoppel, dieses Risiko wollte ich nicht eingehen und ließ deshalb lieber meinen Rory mit Astrids Gina auf unserem sicher eingezäunten und inzwischen trockenen Paddock.
Astrid hatte die Pferde Mittags rausgestellt, auf diesen ebenen Platz mit dem freundlichen Holzzaun...

Schon als ich Rory Nachmittags hereinholte kam er mir viel zu ruhig vor. Ich putzte, sattelte, schwang mich in den Sattel, stieg sofort wieder ab und stellte das inzwischen humpelnde Pferd in die Box. Bis der Tierarzt kam war Rory stocklahm und hielt sein Vorderbein ganz gerade vorgestreckt in die Luft. Kein schöner Anblick.
Da ich außer Warten nichts tun konnte, inspizierte ich den Paddock und fand einen eingebrochenen Kaninchenbau. Hier musste Rory eingebrochen sein und sein Vorderbein war sehr tief hineingerutscht. Die Spuren davon konnte man jetzt noch sehen. Mir wurde Angst und Bange, vor allem, weil es dem Kleinen fast minütlich schlechter ging.

Der Tierarzt wollte mich erst mit der Diagnose Hufabzess beruhigen, zog dann schnell seine Stirn in falten und holte den Röntgenapparat heraus, Verdacht auf Beinbruch! Eine Nacht, wie die folgende möchte ich nicht allzu oft erleben. Ich konnte kaum glauben, als mir am nächsten Morgen mitgeteilt wurde, keine Brüche, keine Sehnen- oder Bänderrisse... Aber stehen sollte Rory ca. 2 Monate, dann ca. 2-3 Monate Schrittarbeit und dann evtl. auf die Koppel. Es sah sehr schlecht aus für den Krümel.

Wie schon gewohnt war Rory sehr ruhig, ließ sich willig einschmieren und bandagieren  und humpelte kläglich zu Tränke und Krippe. Mein Urlaub nahte, ich wollte eine Woche auf dem Doroteenhof verbringen, wo ich Rory auch gekauft hatte. Ich löste einen Sturm der Entrüstung in meinem Stall aus, ich nahm Rory mit. Ich bekam viel zu hören, doch Absagen wollte ich ungern und ihn alleine in der Box lassen, wo andere schon auf der Weide spielten, nein.
Ich muss dazu sagen, Rory steht sehr ruhig auf dem Hänger und Standortwechsel machen ihm nicht viel aus. Also, ich Tierquäler nahm mein krankes Wesen mit und stellte ihn auf seinem alten Heimathof in eine Holzbox, umgeben von anderen jungen Pferden, mit denen er sich ordentlich kabbeln konnte. Der Aufenthalt dort war für Rory wohl das reinste Quellwasser, denn ich traute meinen Augen nicht, als ich ihn drei Tage später in Box steigen und galoppieren sah.
Normalerweise bin ich über ärztliche Fehldiagnosen äußerst ärgerlich, hier konnte ich dankbar sein. Denn laut Tierarzt hätte Rory erst nach 4-6 Wochen wieder richtig auftreten können, nicht nach 6 Tagen!
Ich ließ ihn allerdings während meines Urlaubes stramm stehen und erlag nicht der Versuchung "mal zu gucken" wie gut es geht. Wieder zuhause brachte ich ihn gleich in sein neues Heim, denn wir hatten den Stall gewechselt, da im alten alles zugebaut und -betoniert wurde. Kugelrunden Auges stapfte Rory mit dickem Verband in die Box, inspizierte Tränke und Krippe, seufzte und akzeptierte. Frauchen hat mal wieder Veränderung gebraucht....

Der Tierarzt wurde erneut gerufen, stand sorgenvoll daneben, während ich mein Pferdchen aus der Box holte und riet mir schön vorsichtig dabei zu sein. Rory machte einen Satz in die Freiheit. Das anschließende Traben an der Hand wurde zu einer Folge von Bocken, Tänzeln und Galoppieren auf der Stelle. Der Tierarzt konnte es nicht fassen, tastete ab, prüfte hier, prüfte dort und fand meinen Rory sehr gesund! Eine halbe Stunde im Schritt Reiten, wurde mir erlaubt. Ob´s nicht auch Führen sein dürfte? - Nein, Reiten wäre doch viel kontrollierter. Kennt er meinen Krümel? Nein! Er ließ sich lieb satteln und trensen. ich stieg auf und nichts geschah, ich gurtete nach, liebes Kerlchen, ich ritt an und - alles klar - ab geht die Post, auch unter dem Sattel kann man gut bocken! Ich stieg ab und führte.
Am nächsten Tag führte ich doch lieber wieder mit Kette. Doch als ich sie abmachte, um die andere Seite zu bewegen, nutzte mein Fifi die Gunst der Stunde, passte genau den richtigen Zeitpunkt ab, hechtete rückwärts und weg war er! Klitschnass und glücklich bekam ich ihn nach 20 Minuten wieder zu fassen. Inzwischen war ich den Tränen nahe, fest davon überzeugt, dass er sich mit dieser Eskapade das Bein restlos ruiniert hatte. Ab in die Box mit ihm und auf Morgen hoffen. Doch ahnt man´s, am Tag darauf war das Beinchen klar, kalt und dünn, Rory lieb und ausgeglichen, so dass wir in aller Ruhe spazieren gehen konnten. Da hatten wir zwei aber noch mal Glück gehabt.


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