Rory´s erste Eisen

Der erste Winter, den Rory bei mir verbrachte, war typisch für Norddeutschland nass und sehr sehr matschig. Rorys Hufe standen also entweder in steinendurchsetzten Matsch auf dem Paddock oder liefen neben mir her auf Asphalt zur Weide oder zum Nachbarstall, dessen Platz wir benutzen durften.

Mitten im Winter hatte ich dann die Bescherung, mein Kleiner lahmte jämmerlich. Die herbeigerufene Tierärztin rügte unseren Paddock, verbot jeglichen Auslauf darauf und verordnete strickte Boxenruhe und Leinsamenverbände, um die Lederhautentzündung wieder abklingen zu lassen.

Mit bösen Vorahnungen sah ich den folgenden Tagen entgegen, mein Bündelchen an Temperament eingesperrt in seine Box...

Am nächsten Abend kam ich also mit frisch gekochten Leinsamen und holte den Jüngling aus der Box, d.h. vielmehr zerrte ich ihn hinaus, denn auftreten mochte er gar nicht und kreuzunglücklich stand er auf dem Gang und ließ sich ganz lieb die Verbände, bestehend aus Leinsamen, Plastiktüte, Stück Jutesack und Isolierband anlegen. Mir gab diese Ruhe sehr zu denken, aber anschließendes Fiebermessen erbrachte auch keine Lösung. Doch heute weiß ich, wenn Rory wirklich Schmerzen hat, so siegt bei ihm die Vernunft und er fügt sich sehr geduldig in sein Schicksal.

Das soll allerdings nicht heißen, dass das so bleibt, wenn es ihm besser geht. Am vierten Tag kam ich in den Stall und mein Pferdchen spähte angestrengt nach draußen, wo Pferde auf dem ihm verbotenen Paddock tobten. Und Rory piaffierte, trotz dicker Verbände im Takt mit. Unsere anschließenden Spaziergänge auf weichem Grasboden wurden täglich munterer und von prächtigen Luftsprüngen durchsetzt. Nur gezogen oder mich gar umgeschmissen, das hat er nie.

Dann endlich, nach zwei Wochen, kam die erlösende Nachricht, nun können Eisen darauf! Mein Schmied, nett wie er ist, kam tags darauf. Ausschneiden, das kannte mein Lütter, brennen, stinkende Hufe, klappernde Nägel, nein danke! Rory erhob sich mal wieder in die Lüfte. Eine aufgelegte Bremse nutzte uns wenig, dadurch wurde seine Gegenwehr erst recht geweckt. Schließlich ging die halbe Tüte Leckerlies beim Auflegen der Eisen drauf, später taten es auch Möhren und heute steht er (meist) still. Ein paar Mal tänzeln zwischendurch tut er aber immer noch gerne.

Die neuen Eisen an den Hufen führte ich mein Tierchen vorsichtig umher, aber auch mit klappernden Hufen kann man prima hopsen.

Der nächste Tag war ein Samstag und frühmorgens holte ich Rory aus der Box und stapfte mit Ihm ( Kette über der Nase) zu unserer ca. 30 Min. entfernten Weide.

Dort machte ich ihn los - und ganz alleine mit meinem Rory konnte ich bewundernd zuschauen, wie sich 14 Tage Stallmut Luft machten. Haben Sie je einen Araber toben sehen? Manchmal steht er still wie ein Standbild und schnaubt die Luft kurz und hart heraus, dann schwebt er im Trabe los, jeder Trabschritt scheinbar endlos verzögert und plötzlich knattert er los, Kopf und Schweif hocherhoben, die volle Länge der Weide nutzend.  

Er war übrigens ganz alleine an diesem Tag auf der Weide, aber das hat ihn nicht im mindesten am Laufen gehindert. Schweifwickelnd und angebend bot er ein herrliches Bild. Muss ich noch sagen, dass ich einen zufriedenen, sanften Rory wieder in den Stall brachte?


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