Das Anreiten
Das Frühjahr ist endlich doch gekommen
und Mutabor ist 3 Jahre alt geworden. An seinem Geburtstag stehen wir zehn Mann
hoch vor seiner Box und ich bekomme zu hören, dass jetzt mal Schluss sein müsse
mit der Spielerei, nu müsste er eingeritten werden.
Mein Ziel war es, Rory bis zum Herbst
soweit zu bringen, dass ich zumindest die Richtung und wenn möglich auch das
Tempo bestimmen konnte, aber ich hatte die Rechnung mal wieder ohne den Wirt
gemacht. Gegen den Reiter auf seinem Rücken hatte
Rory nicht viel einzuwenden, mochte dieser nun still sitzen oder laufend
aufstehen, aber die Trense im Maul - nein danke! Mein ach so sanftes
Durchparieren führte zu heftigem Kopfschlagen seinerseits. Er mochte erst gar
nicht lostraben und dann schoss er plötzlich los und jegliche Versuche
durchzuparieren verschlimmerten die Lage noch. An der Loge geritten, ging alles
etwas besser, aber auch sehr rasant vonstatten. Der in der Mitte Stehende hatte
jedenfalls viel zu halten... Ein Tellington-Wochenendkurs, der auf dem
Hof abgehalten wurde, brachte die Rettung. Zwar stieg mein Pferdchen empört,
als sich der Kursleiter in seinen Sattel schwang und machte einen durch und
durch unglücklichen Eindruck, aber mir wurde der Tipp gegeben, zunächst am
Halfter mit zwei Stricken zu reiten. Wunderbare Idee! Rory akzeptierte willig
das Halfter auf der Nase zum durchparieren und ließ sich sehr leicht lenken.
Die Trense packte ich ihm allerdings trotzdem auf, sollte er sich doch an sie
gewöhnen. Noch heute kann Rory am Halfter oder Kappzaum geritten werden,
inzwischen geht er dabei auch am Zügel. Rorys Schüchternheit beim Reiten legte
sich rapide und machte einem Rausch der Geschwindigkeit Platz, den ich um nichts
besser fand als seine Verzagtheit. Nun blieb der Rücken gelöst und entspannt,
während Mutabor hoch erhobenen Hauptes und gespitzten Ohres seine Runden
drehte. Nun wurde Katja energisch, das Martingal kam herauf und wir lieferten
uns unseren ersten kleinen Zweikampf hoch zu Ross. Ich gewann ihn sehr schnell
und Rory sah zumindest für´s erste ein, dass der Reiter (meistens) das Tempo
bestimmt. Nun konnte ich auch zu den 10 Minuten-Ritten zurückkehren, die ich
mir vorgenommen hatte, denn ein dreijähriger Araber ist ein ziemlich schmales
Hemdchen. Ich weiß noch, wie skeptisch meine Freundin das zarte Geschöpf und
dann mich musterte und mich vorsichtig fragte, ob ich meinte, dass er groß
genug für mich werden würde. Oder ich schwang mich auf Paschas Rücken, Rorys großem Araberfreund, nahm meinen Lütten an die Kette und zockelte so mit beiden Pferden los. Und Pascha, sonst ein sehr ängstliches Wesen, so ganz alleine im Gelände, ging die Ruhe selbst mit Rory an der Seite durch Feld und Flur. Doch der nächste Winter kommt bestimmt und wir mussten unsere schöne Koppel mitten im Gelände mit dem Stall und der Box vertauschen. Das
Glück war mir jedoch weiterhin hold, die Stute meiner Freundin war tragend und
Karin zog es vor sie lieber nicht zu reiten. Statt dessen kam
sie mit mir, führte Rory an einem Strick, den wir in Rorys Trensenring eingeklinkt
hatten und begleitete uns so bei unseren Aus- bzw. Fußritten. Ich kann diese Art ein Pferd an das Gelände zu gewöhnen nur empfehlen. Zum einen klebt er nicht dauernd an anderen Pferden und lernt mutig und selbstständig voranzugehen, zum anderen ist es zu zweit wirklich sicherer, wenn man ein junges Pferd anreitet. Es kann schließlich doch leichter etwas passieren, als wenn man mit einem älteren, erfahrenen Pferd unterwegs ist. Eine andere schöne Möglichkeit ist das Reiten zu zweit, wobei der Reiter auf dem erfahrenen Pferd einen Strick, quasi als Sicherheitsleine zum jüngeren Pferd in der Hand hält.
Es sah alles sehr erfreulich aus, viel zu erfreulich.... |