Von der Kunst einen Araber zu reiten
Es gibt viele, die sagen, Pferd ist Pferd, rauf da, Zügel annehmen,
kräftiger Druck mit dem Schenkel und das Biest marschiert. Es mag ja sein, dass
es solche Pferde gibt, aber ich bitte alle Reiter, die solch ein Pferd suchen,
inständig, die Hände von einem Araber zu lassen...
Der Araber ist ein intelligentes kleines Wesen, dessen Nerven in vielen
Fällen schnell strapaziert werden können. Soll´s denn nun unbedingt so ein
bildschöner kleiner Kerl zum Reiten sein, so muss der Reiter meines Erachtens
ein paar Dinge mitbringen:
1. Eine Engelsgeduld
2. Eine weiche Hand und
3. Liebe und Verständnis für das Pferd.
Hat man all dies und möchte mehr vom Pferd als bloßes Abspulen von Gelerntem,
will man einen Partner und Freund, Kind und Hund, Exoten und
Temperamentsbündel, so kann es gut sein, dass der Araber das richtige Pferd
ist.
Im Umgang ist der Araber sanft und kinderlieb, doch er
kann auch feurig und von unerschöpflicher Gehlust durchdrungen sein.
Viele Araber kennen ihre Grenzen nicht und der Reiter muss aufpassen,
dass sich das Geschöpf, für das er verantwortlich ist, nicht
überanstrengt.
Nun gut, es soll also wirklich der Araber sein. Und dort steht er
also, gesattelt und getrenst.... und falsch! Immer selbst putzen und
satteln, dieser Pferdetyp will die Leute kennen lernen, die mit ihm
umgehen, er will ihren Duft einsaugen und will spüren, dass man es gut
mit ihm meint. |
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Steigt man schließlich auf, bloß nicht sofort loslegen -
immer LANGSAM! Vielleicht liegen Ihre Beine anders, als die der anderen
Reiter, das Gewicht, der Geruch, der Sitz, alles kann sich unterscheiden.
Also denn, Zügel lang, streicheln, Märchen erzählen... Keine Angst, so
geht das nicht weiter, bald wird sich der Rücken entspannen und der Hals
sich strecken. Das Pferd sagt Dir: Jetzt bin ich bereit mit Dir zusammen
zu arbeiten! und immer dran denken, weich mit den Zügeln, loben,
nachgeben.
Natürlich soll einem das edle Ross nicht auf der Nase
rumtanzen, aber es soll keine Angst bekommen oder mit dem Reiten schlechte
Dinge verbinden. Ich kenne Araber, die haben sich durch schlechte
Behandlung die übelsten Sachen angewöhnt, die einen rasen einem unter
dem Hintern weg und werden zu den gefürchteten "Feuerstühlen",
mit denen man sich überschlagen kann, die anderen geben auf, machen sich
hart in Kreuz und Maul und tun nur noch das Nötigste, um nicht zu übel
bestraft zu werden. Wieder andere bekommen die schwersten Taktfehler,
schlagen mit dem Kopf, zackeln stundenlang usw., usw...
Dies alles gilt nicht nur für Araber, auch andere Rassen
wollen manierlich behandelt werden, aber Tatsache ist, der Araber ist
besonders schnell "sauer" und verritten. Ihn dann wieder zum
Mitarbeiten zu bringen ist ein langer Weg. Hat man aber Geduld und
Sanftmut im Umgang und im Reiten bewiesen, gepaart mit einer gehörigen
Portion Konsequenz, so kann man ein Pferdchen sein Eigen nennen, um das
man beneidet werden kann und was noch viel wichtiger ist, mit dem es
ungeheure Freude macht, zu arbeiten.
Ein beim Reiten mitmachender Araber ist für mich das Schönste
Reiterlebnis. Stets ist er dann bei der Sache, die Ohren spielen wachsam,
der Rücken schwingt und er will mitmachen, er will mithelfen, damit alles
gut klappt. Reite ich mit Mutabor eine Galoppvolte, die zu klein angelegt
ist, so kann ich die Stimme zu Hilfe nehmen und dann ist es Mutabor, nicht
ich, der die Volte ordnungsgemäß beendet. Beim reiten hat Mutabor
durchaus seine eigene Meinung, die ich ihm z.T. auch lasse.
Da er z.B. das Traversieren an der langen Seite über alles liebt, drängt
das hinterteil oft mit Macht in die Mitte und nach 3maligem Galopp-Halt
kann ich alles Durchparieren zum Trab vergessen. Er bietet von selber so
viel an, möchte alles korrekt machen und ist dadurch oft übereifrig und
den reiterlichen Hilfen voraus. Daher beschäftige ich einen Araber beim
reiten stets, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt. Lieber etwas zu
schwierige Übungen probieren, als endlos ganze Bahn zu zockeln.
Ist Mutabor der Meinung, dieser eine Hieb da, mit der
Gerte, sei nicht verdient gewesen, grunzt er unwillig oder keilt sogar
nach der Gerte oder dem Sporen aus. Verstehen Sie was ich meine? Der
Araber ist keine Reitmaschine, die auf Knopfdruck das Programm abspult,
sondern eine mitdenkendes Wesen mit dem man zusammen reitet! Man
sollte auf ihm das Prinzip des "sanften Bosses" anwenden, der
zwar Herdenchef ist, vor dem das Pferd aber keine Angst haben muss.
Einen fremden Reiter durchschaut ein Araber unglaublich
schnell. Einmal hat mich im Stall ein Mädchen besucht, von der ich
wusste, dass sie sehr gut reitet. Ich ließ sie also auf meinen an diesem
Tag sehr ruhigen Rory. Zwei Minuten später hatte ich einen echten Trinker
der Lüfte, der mit hocherhobenem Kopf, Hirschhals und weggedrücktem
Rücken durch die Bahn tänzelte. Ein Blick in seine Augen zeigte mir
deutlich: "Frauchen hol sie da runter oder ich kann für nichts mehr
garantieren." Das arme Mädel stieg dankbar ab, als ich Rory von
untern einfing.
Es gibt immer wieder den einen oder anderen Reiter, den ich auf Rory lasse
und der o.a. Anblick bleibt mir leider nicht immer erspart. Aber es gibt
auch Leute, die ihn reiten können. Kinder und Anfänger behandelt Rory
immer leib, geht mit leicht erhobenem Kopf und weit unter Tempo durch die
Bahn. Allerdings lasse ich diese "Reiter" auch nur mit Halfter
und Strick auf ihm reiten.
Bei einem Reiter, der mit ihm auskommt, passiert folgendes: Schon beim
Aufsteigen verspannt sich Rory, die ersten Runden bieten wahrlich kein
schönes Bild, aber merkt er, dass doch gar nichts passiert, senkt er
probeweise den Kopf. Jetzt eine zu harte Parade und alles ist aus. Bleibt
man jetzt gelassen und weich in der Hand, wird Mutabor anfangen sich nach
unten zu strecken. Merkt er, dass auch dies erlaubt wird, ist er geneigt
sich an den Zügel zu stellen. Doch es dauert auch beim besten Reiter
mindestens 20 Minuten bis Rory anfängt Vertrauen zu bekommen. Da ich ihn
fast ausschließlich alleine reite, ist es für mich nicht weiter
verwunderlich, dass er Schwierigkeiten hat, sich umzustellen.
Aber ich halte wenig von zu viel Pferdetauscherei. Rory
geht am besten, wenn ich im Sattel sitze. Das ist kein Eigenlob, sondern
die logische Folge jahrelanger enger Zusammenarbeit. Und dass nur wenige
andere ihn reiten können, ehrlich gesagt, so sehr stört mich das nicht.
Eine S-Dressurreiterin kam prächtig mit ihm aus und auch Leute mit
"Arabertouch" können sich auf ihm heimisch fühlen.
Alle anderen müssen mit fellumnähten Reithalfter
statt Trense auf ihn rauf, wenn sie ihn unbedingt mal reiten
wollen. Rory geht mit diesem Reithalfter, extra weich, auch ins
Gelände. Kein Problem, er lässt sich damit besser halten als
viele "verschnürte" andere Pferde und ich habe nicht
das Problem, dass sein mega-weiches Maul Schaden nehmen könnte
und ich wochenlang Korrektur reiten muss...
Auf dem Bild ist übrigens Sabrina auf Rory bei einem
Aktion-Parcour auf einem Freizeitturnier. Man könnte fast sagen,
Sabrina ist mit und auf Rory groß geworden. Sie reitet ihn 1x pro
Woche seit Jahren und fast immer mit dem "Plüschi". |
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