Mutabor - 1 Jahr danach
Nun ist es ein Jahr her, dass ich
meinen Mutabor in den Himmel schicken musste....
Ein Jahr - und es ist kein bisschen leichter geworden.
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Der Neuanfang ist gemacht - im Stall
steht nun ein zu groß geratener Norweger mit Kinderseele und ein
rotzfreches und doch sehr liebes Andy-Baby. Es sind beides liebe
Pferde und ich würde sie wieder kaufen und nicht mehr missen mögen -
aber konnten sie Mutabor ein bisschen ersetzen, seine Lücke füllen?
Nein, leider nicht.
Dazu waren Mutabor und ich zu eng verbunden, dazu war er zu sehr mein
Traumpferd und ich bin über jeden Tag, den ich ihn hatte und erleben
durfte dankbar.
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Die Wut, die ich über seinen Tod fühlte,
hat nachgelassen, dieses Gefühl um Jahre mit ihm betrogen worden zu
sein, doch es gibt keinen Tag an dem ich ihn nicht vermisse. Seine
Sanftheit, seinen Charakter, aber auch seinen Araber-Hasch-Mich und
seine durch nichts zu überbietende Leistungsbereitschaft oder sagen
wir besser Leistungswut. Ich vermisse ihn aber auch als Reitpferd,
denn ein so eifrig mitmachendes Pferd, mit so schwingendem Rücken und
nie nachlassendem Eifer habe ich weder vor noch nach ihm gekannt.
Zeit, wie ich finde, den zu würdigen,
der er einmal gewesen ist und für mich immer sein wird. Was nicht heißt,
dass ich ihn hier glorifizieren möchte: Mutabor war ein Pferd mit
Ecken und Kanten und so mancher sagte mir, dass er so ein Pferd ums
Verrecken nicht haben wollte - was kümmerte mich das? Ich wollte ihn
nie hergeben.
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Die letzten Einträge um Mutabor
waren naturgemäß sehr traurig, doch das Leben mit ihm was dies
keineswegs. Es war nervenaufreibend, hoch wie tief, überraschend,
spontan und gleichzeitig liebevoll und treu.
Hier nun ein paar Anekdoten aus
seinem Leben, die ich immer wieder gerne erzähle, vielleicht habt
auch ihr Freude daran:
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Distanzen sind doof
Rory war sechs, gesund, strotzend vor
Energie und in der Dressur nervenaufreibend eifrig... Was tun?
Ausreiten habe ich immer geliebt, Mutabor fand´s auch immer ganz ok.
Also warum nicht auf Distanzen hin trainieren?
Ich begann im Sommer ihn zu
trainieren, hatte wunderschöne lange 4 Wochen Urlaub, kam also
Morgens um 1-3 Stunden auszureiten und Nachmittags um ihn zu longieren
oder ein bisschen Dressur zu arbeiten. Mutabor lebte auf, unsere
Hofbesitzerin zufolge stand er bereits ab 8 am Koppeltür und wartete.
Einziger Kompromiss auf den er
bestand: Morgens kein Schmusen! Er war ein ziemlicher Morgenmuffel.
Die morgendlichen Ritte mit ihm waren
wunderschön und Nachmittags in der Dressur war er so sanft und
entspannt wir nie. Das Intervall-Training, dass ich mit ihm machte
fand er lustig und wir rissen die Kilometer nur so ab. Sein Körperform
wurde sehniger und gestreckter und trotz Unmengen Futter nahm er ab,
war aber gut drauf.
Nach den Wochen Urlaub kam ich
Morgens natürlich nicht mehr und er maulte und war Nachmittags
ich-bin-ein-armer-unterforderter-araber-der-seit-tagen-eingesperrt-ist
(Weide zählt nicht...).
Ich sah zu, dass ich weiterhin
mindestens 2-3 Mal die Woche lange Ausritte machte und ihn jeden Tag
bewegte.
Mutabor und ich in seinem
Paddock |
So war er für unseren ersten
Distanzritt in Bremen wunderbar trainiert.
Wir waren zwar mit die langsamsten,
hatten aber die besten Werte (ich wurde gefragt, ob ich überhaupt
mitgeritten sei..).
Ich fand, dass das alles ganz prima
gelaufen war - Mutabor nicht.
Tags drauf wollte ich ihn von der
Koppel holen, er drehte mir das Hinterteil zu und schmollte. ???? ich
war ratlos. Hatte ich ihn überfordert? Hatte er was? War er krank?
Nach zwei Tagen war er so normal und
eifrig wie immer.
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Der Horneburger Distanzritt stand an.
Ich zögerte - aber Rory war bestens drauf und steppte geradezu auf
den Hänger. Wir luden aus, er sah sich um - ja zum Turnier war er hier
schon gewesen - alles paletti. Mit blitzblanken Augen ließ er
sich satteln und ab ins Gelände. Er lief wunderbar - wieder beste
Werte, wieder recht weit hinten, weil ich recht ruhig ritt und es
unterließ im Galopp über Asphalt zu preschen. Bester Laune fuhren
wir nach hause. Ahnt ihrs? Tags drauf - ein überlauniger, genervter
Arab... Ich rief den Tierarzt. Alles bestens, top in Form, sieht
phantastisch aus.
Wir wollten ausschließen, dass er
was hat, also sollte ich im heimatlichen Gelände 35 Kilometer auf
Zeit reiten und meine TA wollte ihn danach anschauen. Gesagt getan -
nach drei Stunden, 10 Minuten waren wir wieder da (hatte 2x kurz geklönt
- na ja). Bestens, alles super und Mutabor sprühte vor Elan.
Im Jahr drauf machte ich einen
letzten Versuch - wieder lief er 1a mit Sternchen, diesmal lagen wir
im Mittelfeld - und diesmal war er schon während des Rittes
unleidlich. Die Ohren leicht zurück trabte er dahin und trabte danach
fast auf den Hänger - schnell weg hier!
Es war mein letzter Distanzritt mit
ihm - körperlich war das für ihn kein Problem, aber er möchte weder
die Atmosphäre dieser Veranstaltungen, noch das ewige Traben. Ich hab
später viel längere Ausritte mit ihm gemacht, auch mit langen Trab
und Galoppreprisen - dagegen hatte er nie etwas. Auch Ralleys oder
Dressur im Gelände waren ganz nach seinem Geschmack - aber
Distanzritte - no thanks!
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Mit Kügelchen dem Tod ein
Schnippchen schlagen - oder die
geschenkten 12 Jahre
Eigentlich ist dies eine schreckliche
Phase in Mutabors Leben gewesen, doch sie zeigte wie nichts anderes,
was für ein Kämpfer er war.
Bis
6 oder 7 war Mutabor kerngesund gewesen, dann bekam er öfter ein
Husten, das Bindegewebe war schlecht, sein Equines
Sarkoid brach aus, er hatte plötzlich was an den Sehnen und er begann
zu koliken. Außerdem wurde er nervöser, launisch und beim Ausreiten
fast unberechenbar. Der Tierarzt fand nichts, gab Wurmkur und Aufbaupräparate.
Es wurde schlimmer. Die Koliken wurden häufiger. Ich versuchte alles,
Leinsamen, Mash, besondere Magen-Darm Futterzusätze, ich achtete
noch besser auf regelmäßige Bewegung, suchte nach Giftpflanzen
auf der Weide, ließ das Wasser
untersuchen. Es wurde schlimmer. Die erste Tierklinik war ratlos, die
zweite ebenso - außer einem großen
Loch im Geldbeutel hatte ich nichts gewonnen. Schließlich der Rat von
Tierklinik und TA zu überlegen, ihn zu erlösen. Zu diesem Zeitpunkt
stand er gerade in der Tierklinik mit Fieber und Kolik - und dort
versorgte man ihn - aber mehr konnte man nicht tun.
Ich holte ihn nach hause. Er konnte
nur noch Wasser und Heu vertragen und zuviel Bewegung verursachte
sofort Kolik. Die Beine waren nun sehr schwammig, der Bauch ungeheuer
gebläht.
Fern vom Stall sagte ich mir, dass es
an der Zeit sei ihn zu erlösen, stand ich vor ihm, sah in seine
blitzenden Augen, konnte ich es nicht.
Ich wusste - mein Pferd war
schwerkrank, doch was er hatte war allen ein Rätsel.
Abends
in meiner Verzweiflung telefonierte ich auf die Bänder von zwei
Tierheilpraktikern. Die eine meldete sich noch den Abend zurück.
Hörte sich geduldig meine, oder vielmehr Mutabors Geschichte an und
empfahl eine Haaranalyse.
Mir war inzwischen alles egal. Es war
seine letzte Chance. Ewig leiden lassen wollte ich ihn
nicht.
Die Haaranalyse ergab: Verschleppte
Lungenentzündung mit Beeinträchtigung von Leber, Niere, Milz.
Doch er hatte kein Fieber mehr, das
Blutbild war gut... egal, ich glaubte nicht dran, aber wir begannen
ihn zu entgiften.
Tags drauf kam ich in den Stall und
die Stallbesitzerin nahm mich beiseite. Es wäre soweit, ich solle
mich bitte der Entscheidung stellen und nicht erschrecken, wenn ich
ihn sehen würde.
Ich war gefasst, es war ein Versuch
gewesen und dieser war schief gegangen.
Ich ging zu ihm.
Mutabor´s Kopf ruckte hoch und seine
Kohlaugen blitzten mir entgegen, wacher als seit Wochen, doch er stank
bestialisch und aus seinen Augen, Nüstern, Hintern und Schlauch kam
Eiter! Mutabor kam zur Tür und bedeutete deutlich, dass er raus
wollte.
Ich ließ ihn auf den Reitplatz und
zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wälzte er sich und gab ein
bisschen auf dem Platz an. Ich heulte Rotz und Wasser.
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Mutabors Genesung ging rasch weiter,
aber es wurde schnell klar, dass er anfällig für Koliken bleiben würde,
aber er nahm in den folgenden Jahren jede Kolik, jede Krankheit als
Herausforderung - oder als persönliche Beleidigung für ihn. Damals
entschied ich mich ihn zu behalten und 12 Jahre bin ich nicht
verreist, selten über Nacht weggeblieben und eine Kennerin in Sachen
Koliken geworden. Schimmelke hat es mir gedankt, mit jedem Tag
seines Lebens. Er wurde nie wieder komplett fit, aber er leistete
auch mit Handycap mehr als die meisten anderen Pferde. Wir hatten
gekämpft und gewonnen, 12 gemeinsame Jahre haben wir uns danach noch
ertrotzt. Ich würde wieder so handeln.
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Mutabors dicke Freundin
Mutabor war 2 und hatte gerade
seine Hengsthormone ausgeschwitzt, als ich ihn über Sommer auf eine
Riesenkoppel entließ mit Wallachen und auch mit Stuten. Er fand die
Damen ziemlich blöde. Kam man zu nahe, dann zickten und quiekten
sie - oder die anderen Wallache wurden garstig, weil es deren Stuten
waren...
Bis, ja bis Pompa auftauchte.
Eine kleine Trakehnerdame, pummelig rund und schwarzbraun und im
gesetzten Alter von 22 Jahren. Mutabor war hin und weg, rosa
Sternchen in den Augen folgte er schlafwandelt seiner Angebeteten.
Pompa fand das gar nicht mal so dumm und fing flugs an zu rossen.
Tags drauf waren verräterische Schleifspuren auf ihrem Popo zu
sehen. Ich sprach Maxi - Pompas Besitzerin - an, ob wir die
beiden trennen sollten - nö, meinte Maxi, lass der Omma doch das
Vergnügen.
Die nächsten Jahre fand keine
andere Dame seine Gunst. Pompa war gen Winter wieder in ihren Stall
gezogen und Mutabor hielt sich lieber wieder an die Wallache. 5
Jahre vergingen und Mutabor und ich wechselten den Stall - auch dort
nur zickige Weiber! Bis ja, bis Doisy geboren wurde, eine kleine
Hannoveraner Dame, rundlich und dunkelbraun. Mutabor stand am Zaun
und ließ sich zig Mal am Tag von Mama Mayoung wegscheuchen. Da
dachte ich noch er würde Fohlen niedlich finden. Als Doisy
abgesetzt wurde, kam sie in die gemischte Herde. Frei Bahn für
Mutabor - er umgarnte, beschützte, verteidigte sein Mädel bis aufs
Blut - auch gegen unseren damaligen Herdenboss Chico. Dieser gab
irgendwann genervt auf und begnügte sich mit dem Rest der
Girlytruppe.
Mutabor hatte was er wollte,
fast zwei schöne Jahre lang, allerdings gedeckt hat er das junge
Ding nie - dann wurde Doisy verkauft und er war untröstlich.
Wembley, der zweite Arab auf dem Hof musste leiden in dieser Zeit,
da Mutabor seine ungenutzte Energie nun ganz auf ihn konzentrierte
und ständig rennen und kabbeln wollte. Wembley schlief Abends schon
fast beim Fressen ein...
Mit 11 zog Mutabor dann mit Brüderchen
Marshet in einen Offenstall um. Offenstall fanden beide ganz prima
und Mutabor gerät völlig aus dem Häuschen, als er sah, mit wem er
fortan tagsüber Paddock und Weide teilen sollte: Caroline (bitte
englisch aussprechen, Besitzerin ist Engländerin) - nicht ganz so
dunkelbraun und klein auch nicht und jung schon gar nicht. Eine
Hannoveranerstute alten Schlages, breit, breiter am breitesten, mit
sanften Rehaugen und Nerven, dünn wie Nähfädchen. Ganz klar,
dachte Mutabor: Meine! Caroline sah das anders und quietschte und
ergriff die Flucht, härtnäckig und geduldig verfolgte mein
Don Juan seine Senorita. Und hatte schließlich Erfolg, Caroline
blieb fortan stets an seiner Seite und siehe da: Weiße Haare
auf des Carolinchens Hinterteil. Judy amüsierte das, denn
Caroline forderte "ihr Recht" immer recht deutlich ein und
Mutabor machte eine Mischung zwischen Spagat und Steigen, um
Caroline zu genügen. Diese Liebe hielt fast 10 Jahre. Auch als sie
später auf getrennten Weiden waren, standen sie noch häufig Zaun
an Zaun und blubberten sich zur Begrüßung zu.
Eine Begebenheit möchte ich
hier noch berichten: Es war ein ziemlich schwüler Sommertag und ich
wollte Mutabor für einen gemächlichen Ausritt von der Koppel
holen. Er stand - wie so oft - Seite an Seite mit Caroline. Nichts
Besonderes also. Ich ging hin und halfterte ihn auf. Nur - er kam
nicht mit! Argwöhnisch betrachtete ich mein Hotti - verletzt?
Kolik? Ne alles ok. Ich zog am Strick, Mutabor´s Kopf ruckte nach
hinten, er grunzte unwirsch und kam immer noch nicht mit. Das war
mehr als ungewöhnlich.
Ich betrachtete die Situation
genauer und sah mir nun auch Caroline genauer an. Caroline war
feucht an der Brust, ihr Atem ging etwas zu schnell und ihre Augen
waren fast zu. Wieso war mir das nicht vorher aufgefallen?? Ich zog
Mutabor´s Halfter wieder ab und schnallte es so groß es ging und
begann Caroline vorsichtig aus der Sonne zu führen. Sie kam mit
kleinen, fast tapsenden Schritten mit. Und dann passierte das, was
mich noch heute verblüfft. Mutabor hielt sich dicht an ihre Seite
gepresst. Er passte seine Schritte den ihren an und wenn sie
schwankte, warf er sich fast dagegen (sie war viel größer und
schwerer als er). Wir brauchten lange bis zum Stall und Mutabor war
ohne Halfter, aber er blieb immer stehen, wenn Caroline es tat und
folgte ihr wie ein Schatten.
Als ich dieses Verhalten meiner
Tierärztin erzählte, war sie mehr als gerührt - so ein Verhalten
ist etwas Besonderes - auch für Pferde. Ob ich eigentlich wüsste,
was für einen Schatz ich da hätte. Oh ja - das wusste ich.
Übrigens: Caroline hatte Damals
einen Sonnenstich und Mutabor hat mir auch später noch gezeigt,
wenn es seinem Boxenkumpel nicht gut ging - er führte mich dann
penetrant immer wieder zu ihm. War sein Haffi-Freund Heini
krank, wich er nie von seiner Seite und hielt Körperkontakt -
obwohl er das sonst nicht so gerne hatte.
Caroline - 28 Jahre alt |
Und wenn Mutabor vor seinem Heu
stand und nicht fraß, dann guckte ich erst mal nach, ob sich unser
Hofkater nicht dort eingerollt hatte. Mutabor wartete dann immer
geduldig, bis Kater ausgeschlafen hatte, bevor er wieder fraß
(meist dann mit Kater in der Krippe - der schlief dann
dort weiter).
Und noch eins - Caroline und
Mutabor sind fast gemeinsam auf die immergrünen Weiden gegangen.
Sie ging nur zwei Wochen vor ihm im Alter von fast 30 Jahren.
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Ein Pferd an der Autobahn
Wir waren unterwegs nach
Neustadt-Dosse zum Araberturnier - wir das waren meine
Freundin Astrid, damals noch "Kind" Sabrina (so um die 12
glaube ich), mein alter Benz und Mutabor im Hänger hinter uns.
Das Wetter war nett, wir waren
gut in der Zeit - alles prima.
Bis - ja bis das Schild kam:
"Umleitung". Ist ja nicht schlimm, dachten wir... bis die
Schilder aufhörten und wir mitten in der Pampa anhielten und unsere
Karte zückten - wo zum Geier waren wir? Astrid begann zu lachen -
hinter uns eine Autokolonne - keiner fuhr vorbei, obwohl jede Menge
Platz - alle warteten brav, bis wir unsere Karte studiert hatten und
zockelten dann hinter unserem Hänger gemächlich zurück zur
Autobahn.
In Berlin angekommen fanden wir
unser Quartier schnell - aber die Straße dahin war so schlimm, dass
Astrid vorweg lief und mich um die Krater herum lenkte und Sabrina
mit Mutabor an der Hand hinter uns folgte, da ich nicht wollte, dass
das arme Hotti in einem der Krater mitsamt meinem Auto verschwand...
Neustadt-Dosse - A-Dressur |
Im Jahr drauf: Wir waren auf dem
Weg nach Neustadt-Dosse. Dieselbe Zusammensetzung, nettes Wetter -
alles prima.
Berlin schon fast in Sicht,
meinte mein Auto Öl nach hinten rausschleudern zu müssen - und
zwar nicht wenig! Na super - wir fuhren auf einen LKW Parkplatz und
riefen den ADAC (wundervolle Einrichtung!). Mutabor wurde unruhig -
er stand schon fast 4 Stunden auf dem Hänger... Also luden wir ihn
ab und Sabrina ging mit ihm am Grasstreifen an der Tankstelle grasen
- in Sicht der Autobahn. Alle an- und abfahrenden Brummis ließen
ihr Horn ertönen und winkten uns zu.
Ich war erst unruhig, ob ich das
Kind mit ihm alleine lassen konnte, aber Mutabor nahm´s gelassen
und graste lieber eine Runde das bestimmt sehr gesunde Gras an der
Autobahn...
Mein Auto hatte übrigens einen
verstopften Automatikfilter - kleine Ursache, große Wirkung!
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Verhör(t) in Ströhen
Zwei Wochen zuvor war ich mit
Mutabor A- und L-Dressur in Neustadt-Dosse gestartet, er war
wunderschön gegangen, aber wir waren unter ferner liefen... Nun
waren wir auf dem Araberturnier in Wagenfeld-Ströhen und ich hatte
eigentlich gar keine Lust mir schon wieder eine miese Bewertung
reinnageln zu lassen. Gemeldet hatte ich 2 A- und eine L-Dressur.
Mutabor ging die erste A sehr
schön, nicht ganz so gut, wie in Berlin, aber gut. Die Wertnote:
5,0 - na prima.
Nun reichte es - na gut ich bin
zu mollig für den Arab, na gut, meine Zügelführung ist klassisch,
d.h. sehr locker - aber 5,0? Runter von Hotti, absatteln, raus aus
den Stiefeln, der Kappe, der Jacke und Mutabor ins Paddock. Die
anderen beiden Prüfungen konnten die sich in die Haare schmieren!
Ich schnappte mir einen Eimer,
um Wasser für´s Arab zu holen und ging mit Astrid und Sabrina
zusammen gen Reitplatz (weit weg). Am Turnierplatz angekommen hörte
ich, dass Startnummer 11 aufgerufen wurde zur Siegerehrung. Mit 5,0
- hä? Und ich ohne Pferd, in weißen Hosen, weißer Bluse und
Turnschuhen - bingo!
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Schaubild in Ströhen,
Copyright Führer |
Irgend Jemand drückte mir ein
paar Zügel in die Hand - hier nimm meinen! An dem Zügel dran
war ein Dunkelschimmel mit Babyface. Das Pferd kam mir
wage bekannt vor, aber zu mehr kam ich nicht. Rauf auf
Arab-no-name und rein zur Siegerehrung. Ich war unruhig - auf einem
fremden Pferd, nur mit spärlicher Tunierbekleidung - na das konnte
was werden.
Dann der Knaller: Platz 1 mit
Wertnote 7,5 - Mutabor und ich!
Der Herr, der den zweiten gemacht
hatte, sah gar nicht erfreut aus, hatte schon gedacht, er hätte gewonnen...
Schaubild in Ströhen,
Copyright Führer |
Die Richter (zwei älterer
Herren im dunklen Anzug mit Weste und Fliege) kamen und fragten
mich streng, was ich mir denn dachte, hier so aufzutauchen. Ich
stammelte was von 5,0 verstanden. Der eine der Herren bellte mich
an: 5,0 - bei dem Ritt? Mädel, sperr mal die Ohren auf - so hab
ich selten einen Araber laufen sehen!
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Ich glaube, ich war so rot wie
die reifste Tomate.
Dann ertönte schon die Musik
und ich gab Mr. Unbekannt die Galopphilfe - das Pferdchen unter
mir setzte sich weich und ruhig in Bewegung - so eine
entspannte Ehrenrunde hatte ich noch nie gehabt.
Als ich rausritt, kam Sian
Griffith auf mich zu - jetzt fiel auch der Groschen in meinem Gehirn -
Hotti unter mir war kein anderer als Sian´s Cernit, aber
in der Eile ... Sian grinste - nun hatte ihr Jüngling nicht nur
eines seiner ersten Turniere absolviert, nein, er war auch bereits
die erste Ehrenrunde gelaufen.
Noch peinlicher wurde es für
mich bei den folgenden beiden Prüfungen, als die Richter mich nach
dem Ritt jeweils heranwinkten und mir laut und deutlich
die Wertnoten ins Ohr brüllten. Und als ich die 2. A an diesem Tag
gewann, ertönte durch den Lautsprecher: Die Startnummer 11 erhält
Schleife und Preis nur, wenn sie korrekt gekleidet erscheint und auf
dem richtigen Pferd! Wo war das Erdloch, in dem ich mich
verkriechen konnte??
Und meine lieben Freundinnen
zogen mich noch sehr lange Zeit mit diesem Ereignis auf...
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Schaubild in Ströhen,
Copyright Führer |
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Rasantes big girl in Uelzen
Eine Araberschau mit
Turnierklassen in Uelzen. Diesmal sollte nur Sabrina starten. Aber
es ging ihr nicht gut, ihr Rücken setzte ihr mächtig zu. Sie
wollte nur die Kostümklasse starten, dafür hatten wir lange geübt.
Ein wunderschönes langsames Lied (I´m a big big girl in an big big
world) - am Halsring mit langem roten Rock.
Sabrina und Mutabor beim
Schaubild am Halsring |
Leider verzögerten sich die Prüfungen
und die Schaubilder wurden ins Abendprogramm in die Halle verlegt.
Mir schwante nichts gutes -
Mutabor mit Halsring in einer großen Halle alleine... Und das
schlimmste - Sabrina ritt hinein, das Licht ging aus und das
Spotlight an. Ich stöhnte. Nichts für Arabs zarte Nerven. Sabrina
wie immer voll des Vertrauens zu ihrem Rory begann die Kür. 2
Bahnen ging alles gut, Mutabor zwar unter Feuer aber artig, dann
legte er rasant an Tempo zu - das war der schnellste Ritt, den man
zu dem Lied wohl je zu sehen bekommen würde.
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Die beiden kratzten die Ecken,
flogen durch die Bahn und ich dachte nur, bitte lass alles gut
gehen. Sabrina bekam ihn zum Stehen am Ende des Liedes. Eigentlich
sollte das Programm mit einer schönen gesetzten Levade beendet
werden, doch Mutabor, viel zu unter Feuer, erhob sich kerzengerade
in die Luft, drückte ab und sprang eine 1a Kapriole.
Das Publikum jubelte und Sabrina´s
schmerzverzerrtes Gesicht sagte mir alles - das hatte dem Rücken
den Rest gegeben! Die beiden haben das Solo noch oft aufgeführt,
langsam, weich und wunderschön, aber so in Erinnerung geblieben,
wie dieses big-running-girl ist uns keines dieser Auftritte...
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Vor Neugier hingefallen
Mutabor war kein halbes Jahr
unter dem Sattel und ich machte es häufig so, dass ich ihn führte,
mal wieder 10 Minuten ritt und dann wieder führte. Wir waren im
Wald auf einem der Reitwege, meine Freundin begleitete uns mit ihrer
Stute. Wir gingen ruhigen Schritt, als ich Pferde hinter uns
angetrabt kommen hörte. Da ich Platz machen wollte und Mutabor
gucken können sollte, was da kommt, wollte ich ihn drehen. Das tat
er auch, vergaß aber die Beine nachzusetzen - und kippte um! Ich
bekam noch den Fuß aus dem Bügel, kam aber unter ihm zu liegen,
mein gesamtes Bein unter seinem Körper, ich quasi immer noch im
Sattel, allerdings das Bein etwas dahinter.
Mit dem Zügel hielt ich ihn
unten und er bleib ganz still und ruhig liegen. Ich versuchte mein
Bein unter ihm vorzuziehen, aber ohne Erfolg. Drei Menschen und 3
Pferde starrten uns entsetzt an. Und mir selbst war nicht wohl. Erst
ein paar Wochen zuvor hatte es bei uns im Stall einen derben Unfall
gegeben. Eine Reiterin war mit ihrem Arab gestürzt und auch er auf
ihr drauf. Bis dahin war nix passiert, doch als er aufstand, holte
er Schwung und brach ihr dabei mehrere Rippen.
Doch hatte ich eine Wahl? Es
kostete mich unendliche Überwindung den Zügel loszulassen, ich
reckte meinen Oberkörper so weit weg wie möglich, schützte
mein Gesicht mit den Händen und sagte zu den anderen, sie mögen
bitte Abstand halten.
Eine Zeitlang passierte gar
nichts. Dann begann Mutabor sich zu bewegen - zentimeterweise!
Er holte immer ganz klein wenig
Schwung und ruckte ein winziges Stück vor, dann Pause und wieder
ein kleiner Mini-Schwung und wieder ein Zentimeterchen vor und
wieder Pause. Ich konnte ihn atmen hören, es klang sehr
angestrengt, wie immer er das angestellt haben mag, es war nicht
einfach für ihn.
Nach - wie mir schien -
unendlich langer Zeit, bekam ich mein Bein frei. Mutabor wartete bis
ich stand, dann erst kam er mit einem mächtigen Schwung auf die
Beine und stand zitternd vor mir.
Die beiden fremden Reiterinnen,
die - unbeabsichtigt - zum Hinfallen geführt hatten, kamen aus dem
Staunen nicht heraus, sie hatten mich schon im Krankenwagen davon
fahren sehen. So eine überlegte Handlung bei einem Pferd - sie
betrachten Rory wie ein Ding von einem anderen Stern.
Ich stand da - heil und gesund,
ohne einen einzigen blauen Fleck und auch mein Pferd hatte außer
Tannennadeln und Sand nichts abbekommen. Ich führte ihn 10 Minuten
und stieg wieder auf.
Von dem Zeitpunkt an wusste ich
endgültig, dass ich mein Pferd gefunden hatte.
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Auf der Weide beobachtet
Teamwork
auf der Weide
Pferde auf der Weide zu
beobachten ist eine wunderschöne Sache - und obwohl ich es immer
wieder tue, werde ich doch manchmal aus der Rangordnung nicht
schlau.
Mutabor gab mir von jeher Rätsel
auf. Holten wir Abends Pferde rein, war er immer der letzte, der an
die Reihe kam. Er trank auch zuletzt, ging Streit meistens aus dem
Weg und hielt sich häufig mit einem Kumpel etwas abseits der Herde.
Andererseits, wenn etwas Gefährliches kam (z.B. Pferdeschlitten mit
Glöckchen) war meist er es, der die Bagage anführte.
Bis zu jenem Tag dachte ich
immer, er wäre weder besonders mutig noch ranghoch...
Wir hatten ein neues Pferd auf
die Weide bekommen. Dwalin war ein Traber, der für extreme Unruhe
auf der Koppel sorgte, er trieb gerne die Pferde, versuchte sie in
die Ecke zu bekommen, um sie zu verdreschen und jagte den Stuten
nach. Wir hatten immer ein Auge auf ihn und hofften, er würde sich
noch eingewöhnen.
Ich war gerade am Misten, als
ich merkte, dass die Pferde das wilde Rasen auf der Koppel anfingen
- und natürlich Dwalin mitten drin. Mutabor hielt sich mit den
beiden Ponys abseits. Unsere Stallbesitzerin entschied, dass wir die
Pferde trennen, so ging das nicht. Nur - wir bekamen Dwalin nicht zu
fassen und er ging auch auf uns los. Schließlich ließen wir die
Pferde einzeln raus von der Weide aufs Paddock und von da in den
Stall. Eine der Stuten kam schreiend auf mich zugedonnert mit
aufgerissenen Augen und schweißnass. Dat blöde Trabervieh hatte
wirklich einen weg.
Dann guckte sich Dwalin das
Ponymädel aus, das bei Mutabor Zuflucht gesucht hatte. Tanja, hieß
die kleine Maus, eine Norweger-Shetty Stute um die 120 cm und sie
war dämpfig.
Er jagte sie in einem
halsbrecherischen Tempo und Mutabor hinterher.
Tanja flog hin und landete halb
unter dem Zaun. Jedes normale Pferd hätte jetzt aufgehört, nicht
so Dwalin. Er stieg immer wieder und bearbeitete die arme Stute mit
den Vorderhufen.
Mutabor biss Dwalin in den
Hintern, drehte ab und gab Gas - Dwalin hinterher.
Wir liefen zu Tanja, zertraten
den Zaun und holten das Mädel auf die Füße - aber Dwalin kam
schon wieder. Ich dachte, jetzt rennt er uns alle über den
Haufen. Unser Peitschengefuchtel und Schreien beeindruckte ihn
überhaupt nicht.
Von der Seite kam Mahadma - ein
Riesenkerl von Hannoveraner und lenkte Dwalin ab, aber er war groß
und unbeholfen, Dwalin setzte ihm schwer von hinten zu.
Wir schafften Tanja ins Paddock
und standen schweißnass vor dem Tor. Tanja rang nach Luft, ich
dachte sie krepiert vor unseren Augen. Auf der Koppel kam ein
unglaubliches Schauspiel zustande.
Mutabor und Mahadma arbeiteten
Hand in Hand. Der eine lenkte Dwalin ab, der andere übernahm.
Sie waren ein unglaubliches Team.
Wir bekamen auf diese Weise alle
Pferde von der Koppel, bis auf die drei Wallache.
Schließlich öffneten wir das
Tor und ich rief Mutabor. Mahadma und Mutabor kamen durch das Tor
geprescht und wir bekamen es vor dem Traber wieder zu. Der raste vor
Wut und rannte noch Minutenlang weiter.
Die beiden Jungs allerdings
bremsten direkt nach dem Zaun - sie tropften vor Schweiß und ihren
Puls wollte ich lieber nicht messen. Ich führte die beiden fast
eine Stunde trocken.
Es ist mir immer noch ein Rätsel,
was in den Traber gefahren ist, wir haben ihn nicht mehr zu den
anderen gelassen. Und die Pferde hatten alle eine Heidenangst vor
ihm, wenn er mit auf dem Platz geritten wurde. Klopphengst war er
nicht - vielleicht gibt es wirklich verrückte Pferde.
Mutabor und Mahadma waren nie
Freunde, weder vor noch nach diesem Erlebnis - aber ich werde ihr
Teamwork nie vergessen. Und Klein-Tanja - davon bin ich überzeugt
- hätte
ohne die beiden nicht überlebt.
Mutabor
mit Freundin Sahrima
Freund Heini und Jüngling
Filou
Noch ein Weideerlebnis. Mutabor
liebte seinen Haffi-Kumpel Heini heiß und innig. Wenn Heini auch
nur quietschte, war Mutabor zur Stelle. Dann kam ein zweijähriger
Welsh-Cob mit auf die Weide, verspielt, wild und schon ein ganz schöner
Brocken. Wie sollte es anders sein - Heini war der, mit dem er
unbedingt spielen wollte. Nun war Heini dem eigentlich nicht
abgeneigt, da er ein durch und durch alberner Kerl ist, allerdings
trieb Filou es etwas arg und Heini quietschte in seiner Bedrängnis
auf. Mein weißer Wirbelwind kam aus dem nichts, schrie wie am Spieß
und trieb Filou davon. Der war mächtig beeindruckt. Allerdings nur
für 2 Minuten, dann kam er wieder. Ich glaube, er wurde 30-40 Mal
weggejagt, allerdings erst, wenn Heini anfing zu quietschen.
Schließlich war es so, dass
Filou schon davon jagte, wenn Heini einen Laut von sich gab - besser
ist´s und Mutabor musste keinen Huf rühren.
Wurde Heini müde, ließ sich
Mutabor herab selbst mit dem Jüngelchen zu spielen, allerdings
durfte Filou dann nicht so grob sein, sonst gab´s Hackenpfeffer
oder er stellte sich zwischen Filou und Heini und dann wurde gegrast
und nicht gespielt - punktum!
Keine zwei Tage hat es gedauert
und Filou benahm sich mustergültig. Mutabor stand oft daneben, wenn
Filou und Heini spielten - und ich schwöre, sobald aus Heinis Kehle
auch nur ein Laut kam, ließ Filou sofort von seinem Punching-Ball
ab und begab sich an Mutabors andere Seite und Mutabor stand da mit
der blasierten Miene eines Königs, während Heini klein und
unschuldig sich einen griente.
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Wenns sein muss auch alleine
Wieviele Turniere Mutabor in
seinem Leben gelaufen ist, ich weiß es nicht genau - es waren
viele...
Und dass er dabei sehr fair sein
konnte, wusste ich auch, denn trotz seiner schwachen Nerven auf
Turnieren war er nie böse. Einmal in Neustadt-Dosse war es schwül
und heiß und bei der Dressur versagte mir der Kreislauf. Ich dachte
wirklich, ich kippe vom Pferd. Ich hab die Prüfung irgendwie zuende
gebracht, die Richter gegrüßt, obwohl ich sie kaum mehr sehen
konnte, da schwarze Wände auf mich zukamen und Mutabor brachte
mich, sanft wie eine Miezekatze, zu Astrid und Sabrina, damit diese
mich in Empfang nehmen konnten.
Insofern wusste ich, dass er
sehr wohl merkt, wenn was mit seinem Reiter nicht stimmt, aber
auf unserem Hausturnier wuchs er über sich hinaus.
Nadine wollte gerne die
E-Dressur mit ihm mitreiten. Ich hatte nichts dagegen und wir übten
fleißig für den großen Tag. Was ich nicht wusste - Nadine
hat schreckliche Prüfungsangst und war schon den ganzen Morgen sehr
nervös.
Als sie mit Mutabor einritt, war
sie kalkweiß im Gesicht und sah einfach grausig aus. Mutabor´s
Gesicht war die Sanftheit selbst. Als hätte er rohe Eier auf dem Rücken,
schaukelte er Nadine durch die Prüfung. Obwohl ich nicht erkennen
konnte, dass Nadine irgendwelche Hilfen gab - Mutabor ging die
ganze Prüfung durch - nur er weigerte sich Mitteltrab oder
Mittelgalopp zu gehen. Nach 2/3 der Prüfung schwankte Nadine fast
im Sattel, Mutabor stellte sich selbst an den Zügel und lief
noch ruhiger. Nach dem Grüßen, ging er auf den Ausgang zu, suchte
sich Sabrina und dockte bei ihr an.
Ich saß währenddessen auf dem
Richterwagen und wollte eigentlich mein eigenes Pferd nicht richten.
Doch meine Ko-Richterin hatte ihr Gesicht an meinem Arm vergraben
und sagte nur : Ich kann da nicht hinsehen, ich kann da nicht
hinsehen!
Nadine und Mutabor |
Mutabor bekam den 5. Platz (ich
glaube von 15 Startern) - er war am Zügel gewesen, hatte alle
Bahnpunkte passiert und keinen Fehler gemacht, außer im Tempo etwas
zu ruhig gewesen zu sein.
Ich sagte anschließend zu
Nadine, dass dies alleine Mutabor´s Schleife sei und sie könne ihn
gerne weiter reiten - aber nicht wieder auf einem Turnier - das
halten meine Nerven nicht aus!
|
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Im Unterricht
Man
sagt, es ist schwierig für sein Pferd drei Dinge zu finden:
- einen guten Tierarzt
- einen guten Hufschmied und
- einen guten Reitlehrer.
L-Kandare in Neustadt-Dosse
/ Berlin |
Hufschmied und TA habe ich schon
sehr lange - sozusagen die Helfer meiner Pferde meines Vertrauens...
Und mit meinen Reitlehrern hatte
ich meist unverschämtes Glück.
Gelernt habe ich in zwei
verschiedenen "normalen" Reitschulen und habe
"nebenher" immer Pferde zum Reiten gehabt, u.a. auch die
unseres Reitlehrers auf dem Hof und schön ausgebildete
Dressurpferde. Mit Mutabors Vorgänger hatte ich dann zum ersten Mal
Einzelunterricht - und seither kaum noch etwas anderes.
Mutabor habe ich selber
eingeritten. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich ihn einreiten
lasse, konnte aber dann den Gedanken nicht ertragen, dass da
irgendjemand anderer auf meinem Hotti rumturnen würde.
|
Mutabor war 5 als ich mir das
erste Mal wieder überlegte, dass es an der Zeit sei, mich nach
gutem Unterricht umzugucken. In einer Reithalle nahe des damaligen
Stalles gab ein Rittmeister a.D. Unterricht. Eine beeindruckende
Erscheinung mit auf Hochglanz polierten Stulpenstiefeln und immer
sauberem langem hellem Reitmantel. Die Haare schlohweiß und die
Hornbrille auf der Nase. Er brachte Mutabor mit viel Geduld Benimm
bei - und wenn ich so manches Mal über Mutabors Temperament und
Hektik verzweifelte, so meinte er immer nur, ich solle Geduld haben.
Mutabor sei kein Pferd für E- oder A, da würde er sich eh nur
langweilen. Gib dem Süßen Zeit, meinte er immer und tadelte milde
lächelnd Mutabors Eskapaden.
Leider musste dieser Reitlehrer
"der ersten Stunde" aus gesundheitlichen Gründen aufhören
und meine Versuche mit den Trainern-von-nebenan und dem Bereiter
eines angesehenen Dressurreiters schlugen fehl. Der Versuch mit
letzterem endete sogar mit einem Knall: Ich übte gerade Galopp
auf dem Zirkel als Salmi geritten (ständiger Richtungswechsel, also
ein eckiger Zirkel) und passte nicht auf. Mutabor lief geradeaus,
statt weiterhin auf der Zirkellinie.
Der Mensch in der Mitte schrie
los. Ich nahm die Schuld auf mich und sagte, dass ich gepatzt hätte.
Egal - schrie der Wicht - hau zu, sonst lernt der nie. Bitte,
fragte ich ungläubig, ich soll ihn schlagen - und das, obwohl er
keine Schuld hat? Willst Du reiten lernen oder mit deinem
Pony spielen? - blaffte mich der Möchtegernreitlehrer an. Ich stieg
ab, sagte "spielen" und verließ die Reithalle.
Danach ritt ich zwei Jahre
alleine. Lieber kein Reitlehrer als so einer.
Dann empfahlen mir - unabhängig
voneinander - drei meiner Bekannten einen Reitlehrer der in einem
Reitstall in der Nähe Unterricht gab. Allerdings sei es schwer an
ihn ranzukommen, er habe Warteliste. Das hörte sich gut an. Am
Wochenende suchte ich den Nachbarreitstall auf und traf Hannes Müller
im Sattel an. Was ich sah gefiel mir ausnehmend gut - allerdings
Zeit hatte er nicht für mich. Schließlich konnte ich ihn überreden,
mir für die Dauer meines Urlaubes Unterricht zu geben.
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A-Dressur in Neustadt-Dosse
/ Berlin |
Hannes lehnte an der Bande und
sagte ich solle einfach 10 Min. reiten - was ich tat. Dann fragte er
mich, ob ich nach Steinbrecht reiten würde. Ich war verblüfft -
nein, sagte ich - nach Seunig. Wir fachsimpelten ein bisschen
über beide und dann musste ich doch meine Frage loswerden, wie er
denn darauf käme, dass ich nach einem der alten Meister reiten würde.
Sieht man doch, kam die lakonische Antwort und er begann mit seinem
Unterricht. Eine halbe Stunde später tropfte ich aus dem Sattel und
Mutabor sah so zufrieden aus, wie ein Katze beim Sahneschlecken.
Auch nach meinem Urlaub gab
Hannes mir weiterhin Unterricht - und setzte damit Maßstäbe an
einen Reitunterricht, die ziemlich hoch waren. Er legte viel Pferd
auf die Hinterhand und die Biegung - und er nutzte Mutabors
Leistungswillen auf optimale Art. Leider (für Mutabor und mich)
sprach sich anscheinend herum, dass da ein sehr guter Reitlehrer sei
- Hannes ging nach Wahrendorf - da ist er heute noch.
Und ich suchte mal
wieder...
Aber das Glück war
wieder auf meiner Seite. Ich verteilte gerade Pferde-Flohmarktzettel
als ich eine Gruppe Ponykinder sah, die gerade Unterricht bekamen.
Irgendwie gefiel mir der Unterricht und die Art, wie der Reitlehrer
erklären konnte. Ich fragte eines der Mädels vor Ort, ob sie wüsste,
wie der Reitlehrer heiße und ob er auch in andere Ställe
käme. Doch, der käme auch in andere Ställe - und sein Name? Ah ja
- Bent Branderup.
Zu der Zeit war dieser Name noch
nicht sehr bekannt - und ich hatte das Glück ein halbes Jahr lang
bei ihm Unterricht zu bekommen. Ich fuhr mit Mutabor im Hänger
1x die Woche zu Bent in seinen damaligen Stall und bekam dort von
ihm Unterricht. Das halbe Jahr hat mir viel gebracht, vor allem
in den Seitwärtsgängen. Bis dahin hatte ich mir bei den
Traversalen immer einen Knoten in das Gehirn gemacht. Bent erklärte,
lief dabei neben mir her und verdeutlichte mit seinem Körper, was
er meinte. Mutabor lief seitwärts, als ob er nie etwas anderes
getan hätte.
Irgendwann überlegte ich mir,
dass ich meinem Reitwart machen wollte. Natürlich niemals ohne
meinen weißen Anhang. Mutabor und ich fuhren nach Heist, zu Familie
Beck-Broichsitter. Damals war der Sohn Johannes noch der Junior auf
dem Hof und gab mit unserem Kurs gerade sein Debüt als
Ausbilder der Reitwarte (1994, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt).
Der Kurs war prima - nicht nur das Mutabor und ich ganz gut
abschnitten und eine Menge lernten (11 Fächer...) - nein, ich fand
auch einen neuen Reitlehrer.
In dem Moment, da ich Herrn
Helmut Beck-Broichsitter (Sen.) das erste Mal sah, erinnerte er
mich an meinen ersten Reitlehrer, den Rittmeister a.D. Ich
ergatterte eine Unterrichtsstunde bei ihm. Ich führte Mutabor
in die Halle und Herr Beck-Broichsitter saß noch auf
seinem Lippizaner. Mach noch 10 Minuten Handarbeit - dann bin ich für
Dich da. Alles klar - machte ich. Als er wiederkam, beichtete ich,
dass ich noch mal aus der Halle müsse, da ich eine
Aufsteighilfe verwende.
Gut für´s Pferd, meinte er und
hielt mir die Tür auf und wartete bis ich wieder drin war.
L-Dressur in Neustadt-Dosse
/ Berlin |
Dann ging es los. Schritt,
vermehrte Innenstellung, aus der Ecke kehrt, traversartig zurück...
so ging das weiter. Die Kommandos hagelten auf mich ein und
nach 10 Minuten hatte er unser ganzes Repertoire abgefragt. Als er
den fliegenden Wechsel verlangte, warf ich schüchtern ein, dass wir
den noch nicht konnten. Macht nichts - und weiter gings. Nur
noch sitzen und reiten, mein Kopf platzte fast vor Konzentration und
Mutabor? Hätte ein Pferd strahlen können, er hätte es getan.
Und er tat etwas, was er noch nie getan hatte. Nach der Stunde
suchte Mutabor von selbst den Kontakt zum Unterrichtenden. Ich stand
perplex neben meinem Pferd - Mutabor fremdelte sonst immer -
hier so gar nicht!
|
Herr Beck-Broichsitter
streichelte meinen Arab und ich nutze die Gelegenheit ihn
zu fragen, wieso er gewusst hatte, dass Mutabor soviel konnte.
Er lachte - Mädel, schau Dir doch mal die Muskulatur von
Deinem Pferd an - wenn der nicht regelmäßig Dressur geht, wer
dann?
Von da an verlud in ab und
an Mutabor und fuhr die weite Strecke nach Heist - und immer
nach der Stunde, wenn Mutabor - gut eingepackt in seine Decke - am
Hänger ein bisschen Heu kaute, dann schrieb ich mir auf, was ich in
dieser Stunde gelernt hatte.
Eine von Herrn
Beck-Broichsitters besten Schülerinnen gab und gibt bei mir in
der Nähe Unterricht. Bei ihr nahm ich anschließend
Unterricht, solange bis Mutabor Dank Verletzungen und Krankheit
den Anforderungen eines Unterrichtes nicht mehr gewachsen war.
Ich bin mir bewusst, dass ich
unendliches Glück gehabt habe, bei so unterschiedlichen und guten
Reitlehrern Unterricht zu bekommen. Jeder hat mir auf seine ganz
eigene Weise auf den rechten Reiterweg geholfen und war dabei immer um
das Wohl des Pferdes bemüht - daher ein dieser Stelle ein
ganz großes Dankeschön!
|
Triumpf in Uelzen
Mutabor - Wallachklasse in Ströhen an
der Hand von Robert Schlereth
Mutabor als Schaupferd war - naja,
wie soll ich sagen - zu brav. Er ist so einige Junior-Handler-Klassen,
Wallachklassen und Beständeschauen bei den Arabern gegangen, aber so
wirklich erfolgreich war er da nicht. Man möchte halt den arabischen
Trinker der Lüfte sehen, der tänzelnd und mit hohem Kopf die
Wüstenluft schnuppert.
Sabrina und Mutabor nach
einer Junior Handler Klasse |
Aber Mutabor - auf Gehorsam
gedrillt, der Hals von der vielen Dressur so bemuskelt, dass es für
ihn eher ungemütlich war, ihn so nach oben zu verrenken und mit
seinem ich-achte-auf-meinen-Menschen und überhole ihn nie - hatte
keine Chance.
Ich war darüber nie so wirklich
traurig. Wenn Sabrina wollt, durfte sie ihn gerne vorstellen - wohl
wissend, dass sie dabei so sicher war, wie in Abrahams Schoß aber
auch meist erfolglos.
Wir waren mal wieder in üblicher
Besetzung unterwegs - diesmal verstärkt von Sabrinas Cousine
Sina, die die Führzügelklasse mitmachen wollte. Es war ein wunderschöner,
sonniger Tag, fast schon zu warm. Mutabor schaukelte Sina durch die
Führzügelklasse
und ich ritt mit ihm ein Schaubild am Halsring - er ging wundervoll
den Tag.
|
Als die Schauklasse für ihn kam,
war es wie gewohnt, immer ein Auge zu Sabrina verhielt sich Mutabor im
Schritt und trabte genau so schnell neben ihr her, wie sie lief.
Unspektakulär - aber lieb. Neben mir gönnte fast keiner der
Zuschauer den beiden einen Blick. Dann ging es auf die Oval-Bahn wo
Mutabor frei laufen sollte - es war unglaublich! Er trabte vom Fleck
weg los und zeigte uns je zwei halbe Bahnen Trab und 2 halbe Bahnen
Galopp. Das Publikum klatschte.
Sein Galopp war rund und gut
durchgesprungen - sein Trab? Eine Schau! Er schwebte und trat doch
kraftvoll zu. Mir lief eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken.
Nach der zweiten Runde raste er an Sabrina, die ihn einfangen wollte,
vorbei. Stoppte, so als wolle er sagen - huch, wo kommst Du denn her?
Drehte um und ließ sich brav aufhalftern. Ruhig und sanft ließ er
sich rausführen. Der Erfolg dieses Tages: 18 im Trab, 17 im Galopp,
insgesamt über 16 Punkte und damit im oberen Viertel der
Schau (als Wallach!) und wieder hinein zum Rapport, wo der
Vorsitzende des Araberverbandes Mutabor als wunderbares Reitpferd
lobte und ihn als ein Aushängeschild für die heutige Araberzucht
bezeichnete. Inzwischen heulte ich wirklich. Und Mutabor stand da in
der Mitte, glänzte in der Sonne und ließ sich betrachten. Es war
seine letzte Schauklasse - was sollte er woanders nochmal mitgehen,
wenn er es einmal allen bewiesen hatte!
Mutabor - Beständeschau in Uelzen,
Wallachklasse, 16 Punkte beim Trab auf der Außenbahn
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Dies sind nur ein paar Auszüge aus
unserem gemeinsamen Tagen, aber wir haben so viele Auftritte und
Turniere, Messen und Ritte unternommen, dass eben auch viel passiert
ist. Ich hoffe, dieser kleine Einblick in Rorys Leben hat Euch
gefallen. Mir hat es geholfen, mich auch an die schönen Tage mit ihm
zu erinnern - und die haben definitiv die Übermacht gehabt.
Ich hätte mir dennoch gewünscht, er
hätte bei mir alt werden können und in Ehren ergraut würdevoll
sterben ... aber das kann sich weder Mensch noch Pferd aussuchen. Nur
ich konnte verhindern, dass er lange und unnötig leiden musste. Ich
weiß nicht, ob ich je wieder ein Pferd haben werde, dass seinen
Stellenwert erreichen kann - aber ich hatte ihn 18 Jahre - und das
kann mir keiner mehr nehmen.
Mutabor und ich beim Reiten
eines Schaubildes in Uelzen |
Schaubild in Schneverdingen |
Und wenn es so sein sollte, dass man
seine Tiere eines Tages wiedersieht, dann bin ich davon überzeigt,
dass er dann gesattelt und getrenst vor mir steht, mit seinen dunklen
Kohlaugen, seinem wirren Ponyshopf und steppend vor Erregung, bereits
das zu tun, was für ihn immer das schönste war: Arbeiten!
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